Pflicht zur umfassenden Arbeitszeiterfassung

Pflicht zur umfassenden Arbeitszeiterfassung

Laut EuGH müssen die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, um die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit zu erfassen. Der EuGH betont, dass jeder Arbeitnehmer ein Grundrecht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten habe, das in der EU-Grundrechtecharta verbürgt sei und durch die Arbeitszeitrichtlinie weiter präzisiert werde. Die Mitgliedstaaten müssten dafür sorgen, dass den Arbeitnehmern die ihnen verliehenen Rechte zugutekommen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer als die schwächere Partei des Arbeitsvertrags anzusehen ist. Daher müsse verhindert werden, dass der Arbeitgeber dessen Rechte beschränkt.

Ohne ein System der systematischen Arbeitszeiterfassung könne weder die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und ihre zeitliche Verteilung noch die Zahl der Überstunden objektiv und verlässlich ermittelt werden, so der EuGH weiter. Für die Arbeitnehmer sei es in diesem Fall äußerst schwierig oder gar praktisch unmöglich, ihre Rechte durchzusetzen. Denn die objektive und verlässliche Bestimmung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sei unerlässlich für die Feststellung, ob die wöchentliche Höchstarbeitszeit einschließlich der Überstunden sowie die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten eingehalten worden seien.

Es obliegt nun den Mitgliedstaaten (der Gesetzgebung), die konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines solchen Systems zu bestimmen und dabei gegebenenfalls den Besonderheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs oder Eigenheiten, sogar der Größe, bestimmter Unternehmen Rechnung zu tragen. Auch müssen die vielen flexiblen Arbeitszeitmodelle berücksichtigt werden. Nach dem aktuellen Urteil ist jedenfalls zu besorgen, dass es zu einem Rückschritt bei der Flexibilität kommen wird.