Wirkt sich die Corona-Krise auf die Sozialversicherung und Beitragspflichten aus?

Wirkt sich die Corona-Krise auf die Sozialversicherung und Beitragspflichten aus?

Wirkt sich die Corona-Krise auf die Sozialversicherung und Beitragspflichten aus?

Aktuell werden Soforthilfen, Kredite, Steuerstundungen beschlossen und sogar die Insolvenzantragspflicht befristet ausgesetzt. Was ist aber auf der Kosten- und Beitragsseite, insbesondere in der Sozialversicherung, vorgesehen? Wir haben ein paar wesentliche Fragen und Antworten zusammengestellt.

Hat die Corona-Krise Auswirkungen auf die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen?

Derzeit wird geprüft, ob Unternehmen wie bei der Flutkatastrophe im Jahr 2013 ebenfalls Erleichterungen, u. a. bei der Stundung der Beitragszahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge, geschaffen werden kann.

Die Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen ist in § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV geregelt. Danach darf der Gesamtsozialversicherungsbeitrag dann gestundet werden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für das Unternehmen verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Eine erhebliche Härte für das Unternehmen ist gegeben, wenn es sich aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse vorübergehend in ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten befindet oder im Falle der sofortigen Einziehung der fälligen Sozialversicherungsabgaben in diese geraten würde.

Eine Stundung ist allerdings nicht möglich, wenn eine Gefährdung des Anspruches eintreten würde. Das ist z.B. der Fall, wenn die Zahlungsschwierigkeiten nicht nur vorübergehend sind oder eine Überschuldung in absehbarer Zeit offensichtlich nicht abgebaut werden kann. Aufgrund des aktuellen Gesetzesvorhabens in § 1 COVInsAG soll vermutet werden, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen, wenn der Schuldner am 31.Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war. Das dürfte in diesem Zusammenhang argumentativ helfen.

Die Stundung setzt einen entsprechenden Antrag des Unternehmens voraus. Über den Stundungsantrag entscheidet die Krankenkasse als zuständige Einzugsstelle nach pflichtgemäßem Ermessen.

Hat die Corona-Krise Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Betriebsprüfung?

Seit dem 16. März 2020 führt der Prüfdienst keine Vor-Ort-Prüfungen mehr bei Arbeitgebern und Steuerberatern durch. Stattdessen werden Unterlagen im Rahmen von laufenden Prüfungen übersandt oder übermittelt, insbesondere im Rahmen der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung.

Können freiwillig in der gesetzIichen Krankenversicherung versicherte Selbständige eine Beitragsreduzierung beantragen?

Auch hier wird aufgrund der aktuellen Lage zur Zeit geprüft, ob und wie das Beitragsermäßigungsverfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung für Selbstständige erleichtert werden kann.

Nach aktuellem Recht sind bei absinkenden Einnahmen Reduzierungen der Beiträge möglich. Der Beitragsberechnung liegt allerdings im Jahr 2020 immer eine monatliche Mindesteinnahme von 1.061,67 Euro zugrunde.

Bei nachgewiesenen absinkenden Einnahmen von mehr als 25 Prozent kann bei den Krankenkassen mit einem dort erhältlichen Formular eine Beitragsermäßigung ab dem Folgemonat beantragt werden.

Was gilt für die Beitragszahlungen und Meldepflichten zur Künstlersozialkasse?

Die Künstlersozialkasse (KSK) informiert auf ihrer Internetseite über Erleichterungen auf Antrag für Künstler und betroffene abgabepflichtige Unternehmen. Danach erhalten Künstler und Publizisten Zahlungserleichterungen bis 30.Juni 2020. Bei schwerwiegenden Zahlungsschwierigkeiten aufgrund der Corona-Krise können betroffene Künstler und Publizisten einen formlosen, aber kurz begründeten, schriftlichen Antrag auf Stundung der Beiträge oder Ratenzahlung stellen, z.B. per E-Mail: auskunft@kuenstlersozialkasse.de.

Ohne weitere Ermittlungen kann in diesen Fällen eine zinslose Stundung bis zunächst 30. Juni 2020 erfolgen. Die monatlichen Beitragsforderungen entstehen zwar, werden aber von der Künstlersozialkasse nicht vor Juli 2020 geltend gemacht.

Die von den Künstlern zu entrichtenden Beiträge werden bei Einkommensminderungen auf Antrag den geänderten Verhältnissen angepasst (Antragsformular). Auch wenn das Mindesteinkommen von 3.900 € jährlich nach aktueller Prognose nicht erreicht wird, werden die Versicherungspflicht und der Versicherungsschutz dennoch bis auf weiteres im laufenden Jahr fortgesetzt.

Abgabepflichtige Unternehmen erhalten auf einen formlosen, aber kurz begründeten schriftlichen Antrag eine Verlängerung des Termins zur Abgabe der Meldung abgabepflichtiger Entgeltzahlungen des Jahres 2019 bis zum 30. Juni 2020, z.B. per Email an abgabe@kuenstlersozialkasse.de.

Das gleiche gilt bei schwerwiegenden Zahlungsschwierigkeiten (s.o.). Ohne weitere Ermittlungen kann in diesen Fällen eine zinslose Stundung bis zunächst 30. Juni 2020 erfolgen. So können auch die monatlichen Vorauszahlungen auf Antrag herabgesetzt werden (Antragsformular oder Email).

Gibt es Auswirkungen auf Minijobs?

Laut Minijob-Zentrale können im Fall einer Erkrankung Anträge auf Erstattung im U1-Verfahren oder aber bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Erstattung nach dem Infektionsschutzgesetz gestellt werden. Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht für Minijobber nämlich nicht.

Bei gelegentlichen und nicht vorhersehbaren Überschreitungen der jährlichen Entgeltgrenze von 5.400 Euro kann zulässig sein. Ein solches nicht vorhersehbares Überschreiten kann vorliegen, wenn Arbeitgeber aufgrund der aktuellen Corona-Krise gezwungen sind, ihre 450-Euro-Minijobber häufiger einzusetzen als ursprünglich vereinbart. Die Geringfügigkeit bleibt in diesen Fällen trotz Überschreitung bestehen. Als gelegentlich ist dabei ein Zeitraum bis zu drei Monaten innerhalb eines Zeitjahres anzusehen. Der Jahreszeitraum ist in der Weise zu ermitteln, dass vom letzten Tag des zu beurteilenden Beschäftigungsmonats ein Jahr zurückgerechnet wird. Als Monat gilt der Entgeltabrechnungszeitraum (Kalendermonat). Monate, in denen die monatliche Arbeitsentgeltgrenze von 450 Euro vorhersehbar überschritten wird (z. B. aufgrund saisonaler Mehrarbeit), sind hierbei unberücksichtigt zu lassen. Laut Minijob-Zentrale ist die Höhe des Verdienstes für die 3 Monate unbeachtlich. Wichtig ist, trotz Krise für die spätere Betriebsprüfung alles ordnungsgemäß zu dokumentieren.

Das Sozialschutzgesetz sieht die Ausweitung der Zeitgrenzen bis zum 31. Oktober 2020 bei der kurzfristigen Beschäftigung befristet auf eine Höchstdauer von fünf Monaten oder 115 Tage vor (vgl. https://www.minijob-zentrale.de/https://blog.minijob-zentrale.de/).

Sören Riebenstahl, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht