Leiharbeit und Werkverträge sollen ab 2021 in der Fleischwirtschaft verboten werden – Heil beabsichtigt, diese rigorosen Maßnahmen auch auf andere Branchen zu übertragen.

Leiharbeit und Werkverträge sollen ab 2021 in der Fleischwirtschaft verboten werden – Heil beabsichtigt, diese rigorosen Maßnahmen auch auf andere Branchen zu übertragen.

Leiharbeit und Werkverträge sollen ab 2021 in der Fleischwirtschaft verboten werden – Heil beabsichtigt, diese rigorosen Maßnahmen auch auf andere Branchen zu übertragen.

„Wir werden uns Branche für Branche angucken und dann für die jeweilige Branche geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn es nötig ist“, sagte Heil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Ab dem 01. Januar 2021 sollen per Gesetz das Schlachten und die Verarbeitung von Fleisch nur noch durch Arbeitnehmer des eigenen Betriebes zulässig sein. Das bedeutet für die Praxis, dass der Einsatz jeglichen Fremdpersonals in diesen Bereichen nicht mehr möglich sein soll.

Darüber hinaus beschloss die Bundesregierung die Ausweitung der Arbeitsschutz-Kontrollen durch den Zoll und die Länder sowie eine Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung, sanktioniert durch höhere Bußgelder bei Verstößen (bis zu EUR 30.000).

Die Kritik an den Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie gibt es schon lange, da in der Regel über Vermittler/Dienstleister Werkarbeitskräfte oder Zeitarbeiter aus Osteuropa eingesetzt werden, die in menschenunwürdigen Sammelunterkünften untergebracht werden und weit über die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes hinaus arbeiten.

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil (SPD) bezeichnete die Missstände als unwürdig und gefährlich und erklärte, diese schnell und gründlich beheben zu wollen. Die Sicherheits-, Reinigungs-, Pflege- sowie die Baubranche dürften die nächsten auf seiner Liste sein. Denn bereits im Februar 2020 hat der Berliner Senat einen Entschließungsantrag zur Eindämmung der Leiharbeit in der Pflege im Krankenhaus und in Pflegeeinrichtungen beschlossen, der dem Bundesrat vorgelegt werden soll. Damit soll der Gesetzgeber dazu gebracht werden, baldmöglichst Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz („AÜG“) zu initiieren, durch die die Leiharbeit im Krankenhaus und in Pflegeeinrichtungen weitgehend eingeschränkt werden soll.

Dass hier Handlungsbedarf besteht, ist offensichtlich. Äußerst fragwürdig ist aber, ob diese Form der Regulierung der richtige Ansatz ist. Denn eine solche gesetzliche Regulierung wird voraussichtlich dazu führen, dass große Teile der Fleischindustrie dorthin flüchten wird, wo keine so massiven Einschränkungen existieren, also in das Ausland. Bei dem aktuellen Verbraucherverhalten ist eine Preisgestaltung unmöglich, die für die Art der Tätigkeit und die Höhe des Lohnes Arbeitsplätze auf dem deutschen Arbeitsmarkt sichern kann. Bei einem Verbot müsste der Verbraucherpreis um 10 bis 20 Prozent je Kilo und Produkt steigen. Das wird unweigerlich zu Ausweichverhalten führen. Das ist schließlich schon jetzt der Grund, weshalb über listige Konstrukte Arbeitskräfte aus dem Ausland rekrutiert werden müssen.

Insofern stellt sich weiterhin die Frage, weshalb nicht auf Basis des existierenden AÜG und den dort niedergelegten Schutzvorschriften zugunsten der Leiharbeitnehmer die bereits streng regulierte Überlassung nicht einfach schärfer kontrolliert und sanktioniert wird. Leiharbeitnehmer werden schon heute durch den Gleichstellungsgrundsatz vor einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Stammarbeitnehmern geschützt. Auch gegenüber den (Schein-)Werkverträgen wurden durch eine Reform des AÜG in 2017 durch Offenlegungspflichten Mittel zur Kontrolle und Verhinderung eingeführt.

Letztlich erscheint eine branchen- und betriebsgrößenorientierte gesetzliche Untersagung von Werkverträgen und Leiharbeit verfassungswidrig. Denn damit wird die unternehmerische Freiheit aus Art. 12 GG oder Art. 21 AEUV unnötig beschnitten. Denn die grundgesetzlich geschützte unternehmerische Freiheit umfasst auch die Freiheit, selbst entscheiden zu dürfen, ob eine bestimmte Leistung durch eigene Arbeitskräfte erbracht oder Dritte damit beauftragt werden. Die deutsche Fleischindustrie hat die Verfassungswidrigkeit bereits ins Feld geführt.

Die striktere Kontrolle und Anwendung der bestehenden Gesetze und Verordnungen genügt völlig, diesen tatsächlich menschenunwürdigen Zuständen einen Riegel vorzuschieben. Den Fall Tönnies nun plakativ einzusetzen, um ganze Branchen durch eine verfassungsrechtlich bedenkliche Überregulierung an den Pranger zu stellen (wie zuletzt die Automobilindustrie), dient eher der Beschaffung von Wählerstimmen als der Stütze der ohnehin schon in Bedrängnis geratenen deutschen Wirtschaft.

Sören Riebenstahl, Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht