Flutopferhilfe ohne Stolpersteine

Flutopferhilfe ohne Stolpersteine

Die Flutkatastrophe Mitte Juli war wohl unbestritten eine der schlimmsten Naturkatastrophen der letzten Jahre in Deutschland. Menschen haben vielerorts ihr Haus, ihren Betrieb - kurz gesagt die gesamte Existenz - und zum Teil leider auch geliebte Menschen verloren.

Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist enorm hoch und reicht von klassischen Geldspenden an gemeinnützige Organisationen und öffentliche Sonderkonten, über Direkthilfe vor Ort und Gestellung von Maschinen bis hin zu eigenen, kreativen Hilfsprojekten.

Um die beträchtlichen Schäden zu mildern bzw. die finanziellen Belastungen für die Betroffenen tragbar zu machen, wurden bereits viele steuerliche Maßnahmen beschlossen, mit denen unbillige Härten vermieden werden sollen. In den Medien wird von schneller, unkomplizierter und unbürokratischer Hilfe gesprochen. Sowohl die Bundesregierung mit BMF-Schreiben v. 23.7.2021, III C 2 – S 7030/21/10008 :001 als auch einzelne Landesregierungen haben mit entsprechenden Katastrophenerlassen einen guten Weg dafür bereitet. Die konkreten Erleichterungen sehen z.B. die Stundung von Steuerzahlungen, den Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen, die Herabsetzung von Vorauszahlungen, einen erleichterte Spendennachweis, den entschuldbarer Verlust von Buchführungsunterlagen, bestimmte Sonderabschreibungen im Betriebsvermögen, die Rücklagenbildung für Ersatzbeschaffungen sowie Vereinfachungen bei der unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum, der unentgeltlichen Verwendung von Investitionsgütern und der unentgeltlichen Ausführung sonstiger Leistungen, etc vor.

Allerdings sind dadurch nicht alle Punkte von möglichen Hilfsprojekten geregelt. Damit die eigene Hilfsbereitschaft nicht im Nachgang zum Stolperstein wird, sind ggf. doch formelle Hürden zu beachten und zu meistern. Ein Beispiel für mögliche Probleme soll am folgenden Fall verdeutlicht werden.

Der Kerngedanke:
Ein Gastronom erhebt bei Zustimmung des Kunden neben dem regulären Entgelt für Speisen und Getränke ein festes Aufgeld als freiwillige Zusatzleistung. Dieses wir gesammelt und 1:1 an eine Hilfsorganisation oder einen Unterstützungsfond weitergegeben. Die Behandlung erfolgt – aus Sicht des Gastronomen - erfolgsneutral als durchlaufender Posten.

Problematik:
Je nach Umsetzung können ungewollte ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Folgen eintreten. Im schlimmsten Fall könnte die Finanzverwaltung die gesamte Kasse verwerfen, was zu erheblichen Steuerhinzuschätzungen führen könnte. Problematisch ist es insbesondere, wenn Einnahmen - auch als durchlaufender Posten gedacht - nicht gesondert bzw. einzeln aufgezeichnet, sondern als „Tagesgesamtsumme“ erfasst werden und somit nicht im Detail nachgewiesen werden kann, dass die weitergegebene Summe auch der tatsächlich vereinnahmten Summe entspricht.

Empfehlung:
Das Aufgeld sollte gesondert in der Kasse erfasst sein und ebenfalls mit entsprechender Betextung auf der Rechnung ausgewiesen werden. Da es sich um „fremdes“ Geld handelt, ist es zwingend notwendig, dass diese Gelder abgegrenzt von den sonstigen Vermögensposten erfasst und verwahrt werden. Die durchlaufenden Posten sind daher in der Buchhaltung im Bereich der sonstigen Verbindlichkeiten auf einem gesonderten Verrechnungskonto zu erfassen. Die eingenommenen Beträge sollten dann zeitnah an ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege eingezahlt werden. Die direkte Weitergabe an eine betroffene Person oder Unternehmung wird - leider - explizit nicht anerkannt. Zudem sollte nachweisbar sein, an welche Organisationen die Gelder in welcher Höhe weitergegeben wurden.

Es ist vollkommen klar, dass die Menschen in den stark betroffenen Gebieten schnelle Hilfe benötigen. Die Lage vor Ort ist teils noch dramatischer, als sich dies aus den Zeitungs- und TV-Bildern erahnen lässt. Dennoch empfiehlt es sich, eigene Hilfsprojekte vorab von dritter Seite auf rechtliche und steuerliche Konsequenzen prüfen zu lassen, damit unangenehme Folgen vermieden werden können.
Die Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft sollte langfristig nicht dadurch gehemmt sein, dass diese in einzelnen Fällen im Nachgang zum Stolperstein wird. Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Hilfsprojekte wird es ggf. noch weitere Erleichterungen und Regelungen von Seiten der Regierung geben. Dies bleibt jedoch abzuwarten.

Abschließend sei noch angemerkt, dass die Unterstützung auch im Rahmen der Zuwendung als Sponsoring-Maßnahme oder unter bestimmten Umständen auch als Zuwendungen an Geschäftspartner erfolgen kann.

Dennis Bickenbach, Steuerberater
Servos, Winter & Partner GmbH

Quellen:
BMF-Schreiben v. 23.7.2021, III C 2 – S 7030/21/10008 :001
Bayerisches Staatsministerium, Meldung v. 4.8.2021 (Verlängerung von Steuererklärungsfristen) Bayerisches LfSt: Anleitung zur Herabsetzung der USt-Sondervorauszahlung
FinMin Sachsen (28.7.2021)
FinMin Mecklenburg-Vorpommern (27.7.2021)
FinMin Saarland (27.7.2021)
FinMin Bayern (26.7.2021)
FinMin Baden-Württemberg (26.7.2021)
FinMin NRW (23.7.2021)
FinMin Niedersachsen (23.7.2021)
FinMin Rheinland-Pfalz (23.7.2021)